Naturschutzstation Biberhof TorgauProjekteLebensräume für Artenvielfalt

Kinderstuben für Schmetterlinge und Co.

Der Biberhof schafft Lebensräume für Artenvielfalt

Mitarbeiter der Naturschutzstation Biberhof beim Aufstellen der Beschilderung am Bahndamm Pflückuff – Foto: Dieter Selter
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Mitarbeiter der Naturschutzstation Biberhof beim Aufstellen der Beschilderung am Bahndamm Pflückuff – Foto: Dieter Selter

In unserer stark vom Menschen geprägten Landschaft werden Lebensräume für Tier- und Pflanzenarten immer rarer. Es gibt nur Wirtschaftsräume, Siedlungsräume, Straßen und Wege. Selbst Naturschutzgebiete werden genutzt. Rückzugsgebiete für viele Tierarten werden somit immer knapper. Gerade viele Insektenarten, die in der Nahrungskette ganz unten rangieren, werden an den Rand des Aussterbens bzw. des Verschwindens gebracht. So haben mittlerweile Weg-, Bach-, Teich- und Waldränder sowie Ödland und Brachen eine enorme ökologische Bedeutung für den Naturhaushalt. Der NABU in der Region Torgau betreut unter anderem seit vielen Jahren neben dem Trossiner Teichgebiet mit seiner Tier- und Pflanzenwelt auch eigene Wald-, Bruch- und Wiesenlandschaften. Besonders hervorzuheben ist eine kleine Orchideenwiese am Neuteich bei Trossin sowie ein alter Bahndamm bei Loßwig/Pflückuff. Beide Lebensräume sind von unterschiedlichem biologischem Charakter.

Der Bahndamm Pflückuff

Neuntöter – Foto: Dieter Selter
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Neuntöter – Foto: Dieter Selter

Der alte Bahndamm wurde im Zuge der Ländlichen Neuordnung vom NABU Sachsen vor einigen Jahren erworben. Grundgedanke dieses Erwerbs war die Schaffung von Lebensräumen auf Brach- und Ödland sowie Wegränder. Die dort entstehenden Biotope haben große Anziehungskraft und Bedeutung für dynamische Tierarten. Dazu zählen beispielsweise Tagfalter, Zweiflügler, Wildbienen, Hummeln, Wanzen, Bockkäfer, samen- und insektenfressende Vögel wie Stieglitz, Hänfling, Grauammer, Goldammer, Schwarzkehlchen und Neuntöter. Auch für Reptilien ist dieser Lebensraum interessant: Mittlerweile hat die Zauneidechse teilweise die deckungsreichen, sonnenbeschienenen Flächen besiedelt. Auf dem nährstoffarmen Schotterbett wachsen zudem unzählige Wildkräuter wie Wilde Möhre, Acker-Kratzdistel, Jakobs-Kreuzkraut, Beifuß, Schafgarbe, Hahnenfuß, Rainfarn, Glatthafer, Ackerwinde, Fingerkraut, Mohn und Weißes Labkraut. Als bedeutende Schmetterlingsarten konnten bisher Schwalbenschwanz, Distelfalter, Landkärtchen, Dickkopffalter und Schönbär nachgewiesen werden. Auch Wildbienen, eine sehr große Gruppe der Hautflügler, die von Pollen und Nektar leben, sind in solchen Lebensräumen anzutreffen. Wildbienen haben neben der Honigbiene eine enorme Bedeutung für die Bestäubung aller Wildpflanzen.

Die Orchideenwiese bei Trossin

Breitblättriges Knabenkraut – Foto: Dieter Selter
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Breitblättriges Knabenkraut – Foto: Dieter Selter

Mit dem Erwerb von naturrelevanten Flächen in den 1990er Jahren konnte der NABU im Trossiner Raum in der Dübener Heide neben Teichen und Bruchwald auch Wiesenstücke erwerben. Nach fleißiger Renaturierung einer kleinen Wiese (Entfernen von aufwachsenden Erlen) unmittelbar am Neuteich kamen nach einigen Jahren wieder ein paar Knabenkräuter zum Vorschein. Seit dieser Zeit wurden jährliche Pflegetermine festgelegt und eingehalten. Auf quelligem Sickergrund wuchs eine bunte Blütenpracht zur Frühjahrs- und Sommerzeit. Auf der Grünfläche entwickelten durch die leichte Hanglage unterschiedliche Biotope. Pflanzengesellschaften auf morastigen Boden existieren neben Gesellschaften einer quelligen Feucht- bis Nasswiese bis hin zu Pflanzenwuchs auf trockeneren Stellen. So konnten sich bis zum jetzigen Zeitpunkt bis zu vierzig Pflanzen des Breitblättrigen Knabenkrautes entwickeln, das zu den seltensten Orchideen Sachsens zählt.

Schwalbenschwanz – Foto: Dieter Selter
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Schwalbenschwanz – Foto: Dieter Selter

Insgesamt weist die kleine Feuchtwiese eine große Artenvielfalt aus der Florenliste auf. So konnte Wiesenstorchschnabel, Sumpfdreizack, Sumpfkratzdistel, Sumpfscharfgarbe, Wiesenschaumkraut, Wiesenkerbel, Sauerampfer, Sumpfschlüsselblume und vieles andere gefunden werden. Von Libellenarten wurden Gemeine und Gefleckte Heidelibelle, Mosaikjungfer, Gebänderte Prachtlibelle und Blutrote Heidelibelle beobachtet. Für Schmetterlinge stellt die kleine Wiese ein hochwertiges Biotop dar. So konnten der seltene Aurorafalter, Tagpfauenauge, Kleiner Fuchs, Admiral, Distelfalter, Landkärtchen und Dickkopffalterarten beobachtet werden. Auch der Braune Bär ist schon nachgewiesen.

Als Schmetterlingsbiotope bzw. Schmetterlingswiesen beschildert

Schmetterlingswiese Nr. 248 – Foto: Dieter Selter
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Schmetterlingswiese Nr. 248 – Foto: Dieter Selter

Die übliche Art und Weise der Pflege von Grünflächen im Siedlungsraum und in der offenen Landschaft hat einen dramatischen Rückgang von Insekten eingeleitet. Hauptsächlich Tagfalterarten und fast alle holzfreien Biotope sind davon betroffen. Der Biberhof weist durch die Beschilderung seiner eigenen Flächenbiotope auf die Problematik hin und regt damit zum Mitmachen bei „Puppenstuben gesucht – Blühende Wiesen für Sachsens Schmetterlinge“ an. 

Dieter Selter

Fachgebiet Natur, NABU-Naturschutzstation Biberhof Torgau


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